Joachim Schneider: „Duisburg-Wanheimerort Teil 1“ in der Reihe Archivbilder

Ein junger Stadtteil mit reicher Geschichte
Von Petra Grünendahl

Kultushafen mit erste Eisenbahnbrücke nach Rheinhausen. Auf der anderen Rheinseite erkennt man die Krupp'schen Hüttenwerke. Die Eisenbahntrassen im Vordergrund gibt es zum Teil immer noch.

Kultushafen mit erste Eisenbahnbrücke nach Rheinhausen. Auf der anderen Rheinseite erkennt man die Krupp’schen Hüttenwerke. Die Eisenbahntrassen im Vordergrund gibt es zum Teil immer noch.

Als 1874 die erste Eisenbahnbrücke zwischen Hochfeld und Rheinhausen in Betrieb ging, war dies die erste feste Verbindung zwischen den beiden Rheinseiten am Niederrhein. Schon gute fünfzig Jahre später baute man eine neue Brücke, die zweigleisigen Bahnverkehr ermöglichte. Die verkehrsgünstige Lage am Rhein zog nicht nur Industrieunternehmen (das Kabelwerk mit 2.000 Arbeitern war einmal Wanheimerorts größter Arbeitgeber), sondern auch die Logistik, die sowohl Güter als auch Personen beförderte.
Kultushafen und Südhafen in Wanheimerort. Südlich des Kultushafens rechts im Bild ist das Duisburger Kabelwerk.

Kultushafen und Südhafen in Wanheimerort. Südlich des Kultushafens rechts im Bild ist das Duisburger Kabelwerk.

Den Kultushafen und den Südhafen auf Wanheimerorter Gebiet sowie den Nordhafen in Hochfeld baute um 1870 herum die Rheinische Eisenbahngesellschaft, die 1866 – 74 zwischen Hochfeld und Rheinhausen eine Trajektverbindung betrieb: Züge wurden auf Fähren über den Rhein verschifft. Einer festen Rheinquerung standen Vorbehalte des preußischen Militärs entgegen.

Wanheimer Straße / Ecke Schmiedestraße: Links die alte Industrieapotheke, rechts das Textilgeschäft von Gerhard Driesen. Die Ansichtskarte wurde 1910 verschickt.

Wanheimer Straße / Ecke Schmiedestraße: Links die alte Industrieapotheke, rechts das Textilgeschäft von Gerhard Driesen. Die Ansichtskarte wurde 1910 verschickt.

Wanheimerort ist einer der jüngsten Duisburger Stadtteile. Erst in den 1840-er Jahren wurde der Wald gerodet und siedelten sich Menschen hier an. Zunächst Teil von Hochfeld wurde Wanheimerort 1885 eigenständiger Stadtteil. Der Name geht auf eine alte Rheininsel zurück („ort“ = altdt. Insel), die im Zuge des Hafenausbaus abgetragen worden war. Direkt am Rheinufer und an den Verkehrswegen siedelte sich schnell Industrie an, die die gute Verkehrsanbindung nutzte. Für sein Buch „Duisburg-Wanheimerort“ hat sich Joachim Schneider auf Spurensuche begeben: Auf eine eigene Ansichtskarten-Sammlung konnte er da ebenso zurückgreifen wie auf Familienalben verschiedener alteingesessener Wanheimerorter, das Stadtarchiv und das Archiv von Reinhold Stausberg.

Duisburger Kabelwerk mit den Produktionshallen lind und der alten Verwaltung rechs im Bild. Die wurde zur Verbreiterung der Wanheimer Straße abgerissen.

Duisburger Kabelwerk mit den Produktionshallen lind und der alten Verwaltung rechs im Bild. Die wurde zur Verbreiterung der Wanheimer Straße abgerissen.

Das Kapitel „Alteingesessene Unternehmen“ ist überwiegend dem Duisburger Kabelwerk (1894 – 1996) und der Firma Brabender (seit 1923, heute: Brabender Technologie KG) gewidmet. Siedlungsbaugesellschaften wie die Gebag oder der Wanheimerorter Bauverein schufen Wohnraum für die Arbeiter. Die rechtwinkligen Straßen deuten die Planung am Reißbrett an.
Düsseldorfer Chaussee / Edek Kulturstraße: Hitzblecksiedlung mit einer Esso--Tankstelle in den 1950-er Jahren.

Düsseldorfer Chaussee / Edek Kulturstraße: Hitzblecksiedlung mit einer Esso–Tankstelle in den 1950-er Jahren.

Die Wanheimer Straße war damals die Haupteinkaufsstraße. Auch ein Kino hat es gegeben in den 1950-er/1960-er Jahren: Das Gebäude steht noch an der Düsseldorfer Straße, wird aber schon lange anderweitig genutzt. Eine Tankstelle befand sich in den 1950-er Jahren ungefähr dort, wo heute vor der Hitzbleck-Siedlung die Straßenbahn hält. Auch ein Kiosk war an dieser Stelle einmal dokumentiert, als die Siedlung Ende der 1920-er Jahre im Bau war. Faszinierende Einblicke gewährt das Kapitel „Dickelsbachsiedlung“, auch wenn man meint, es habe sich kaum etwas verändert in der Siedlung, mit deren Bau man im Jahr 1926 begonnen hatte und die heute unter Denkmalschutz steht.

Rechts mündet die Fischerstraße in die Wanheimerstraße. Die Häuser zwischen Fischerstraße und Schmiedestraße stehen heute alle noch. Links steht das Duisburger Kabelwerk.

Rechts mündet die Fischerstraße in die Wanheimerstraße. Die Häuser zwischen Fischerstraße und Schmiedestraße stehen heute alle noch. Links steht das Duisburger Kabelwerk.

Zum Stöbern und erinnern
Manch einer hat die alten Ansichten noch erlebt, andere kennen die alte Zeit vielleicht vom Hörensagen. Manche alten Ansichten erkennt man aber auch im heutigen Stadtbild nur wenig verändert wieder. Oder man findet in dem Buch Spuren dessen, was längst vergangen ist. Spannend jedenfalls ist das Buch nicht nur für alte Wanheimerorter oder für Ehemalige, sondern auch für Zugezogene, die Vergangenheit im heutigen Zustand erkunden wollen. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1900 bis in die 1970-er Jahre.
Rechts hinter den Bäumen an der Eschenstraße stand die Evangelische Volksschule.

Rechts hinter den Bäumen an der Eschenstraße stand die Evangelische Volksschule.

Die Bilder stammen zum Teil aus Schneiders eigener Sammlung, aber auch aus anderen Sammlungen und Familienfotoalben. Reinhold Stausberg mit der vermutlich größten Sammlung von Duisburger Ansichtskarten, historischen Fotos und Devotionalien hat natürlich auch zu diesem Werk über Duisburg beigesteuert. Darüber hinaus sind es vor allem Alteingesessene aus dem Stadtteil, die Bilder beisteuern konnten: die Familien Burger, Ilgen, Schnabel und Serdarusic zum Beispiel, ebenso wie Willi Schneider, Christel Schröer, Horst-Rainer Wintgens und das Stadtarchiv Duisburg.

wanheimerort_978-3-86680-912-3Auf 128 Seiten hat Joachim Schneider 180 überwiegend bislang unveröffentlichte historische Ansichtskarten und Fotos zusammengestellt, die Wanheimerort und die dort lebenden Menschen von verschiedensten Blickwinkeln im Alltag ihrer Zeit zeigen. Informative Texte vermitteln Bezüge zur Geschichte Wanheimerorts ebenso wie zur Zeitgeschichte – und geben hier Einblicke in das Leben früherer Generationen. Elf Kapitel erleichtern die Einordnung der Bilder und Informationen: Von den „Alten Ansichten“, der Dickelsbachsiedlung oder „Weltkriege und Nachkriegszeit“ über die Eisenbahnbrücke Hochfeld-Rheinhausen, den Kultushafen und die (alte) Rheinbrücke sowie alteingesessenen Unternehmen bis hin zu Kirchen, Restaurants und Gaststätten, Sportvereine, St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft von 1420 e. V. und dem Wasserflughafen, der 1927 zwischen Wanheimerort und Wanheim lag und nach nur fünf Monaten den Betrieb wieder dicht machte. Das Buch ist 2011 im Erfurter Sutton Verlag erschienen und mittlerweile in zweiter Auflage erhältlich. Das reich bebilderte Buch mit Broschur-Einband ist in der Reihe „Archivbilder“ erschienen und kostet 18,95 Euro. Zu beziehen ist es über den lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-86680-912-3).

Sutton Verlag und weitere Publikationen

Die katholische Kirche St. Michael, rechts dahinter das Pfarrhaus, 1903.

Die katholische Kirche St. Michael, rechts dahinter das Pfarrhaus, 1903.

© 2015 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Sutton Verlag, Erfurt

3 Antworten zu Joachim Schneider: „Duisburg-Wanheimerort Teil 1“ in der Reihe Archivbilder

  1. Franz Kaiser schreibt:

    Hallo..

    Es gab drei Kinos in Wanheimerort.
    Das “ Roland“ auf der Fuchsstraße, das „Rex“ auf der Fischerstraße und das erwähnte „Odeon“
    auf der Düsseldorfer Straße.
    Das zweite Buch über Wanheimerort war leider insgesamt enttäuschend.
    Kaum neues Bildmaterial und einfach zuviel „Firmengeschichte“.
    Da hatte das Wanheimerort-Buch welches vor vielen Jahren vom Bürgerverein vertrieben wurde doch eine erheblich bessere Aussagekraft.
    MfG

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