Joachim Schneider: „Duisburg-Wanheimerort Teil 2“ in der Reihe Archivbilder

„Neue Bilder aus alter Zeit“ machen
Stadtteilgeschichten und Zeitgeschichte lebendig

Von Petra Grünendahl

Das Team der A-Jugend der DJK Wanheimerort 1919 e. V. auf der Bernhards-Kampfbahn.

Das Team der A-Jugend der DJK Wanheimerort 1919 e. V. auf der Bernhards-Kampfbahn.

Aus der Turnabteilung des katholischen Jünglingsvereins heraus entstand die DJK Wanheimerort 1919 e. V. „DJK“ steht für „Deutsche Jugendkraft“ – damals ein geläufiger Begriff. Der Verein kam aus der katholischen Jugend St. Michael – viele Vereine hatten damals „kirchliche“ Wurzeln, die heute kaum einer mehr kennt. Der Spielbetrieb im Fußball, Handball oder Turnen lief unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen (erst Inflation, dann Wirtschaftskrise).
Die Katholische Volksschule an der Eschenstraße (heute: Förderschule): Das Gebäude hat sich kaum verändert.

Die Katholische Volksschule an der Eschenstraße (heute: Förderschule): Das Gebäude hat sich kaum verändert.

Ende der 1920-er Jahre begann der Verein an der Forststraße den Bau einer eigenen Sportanlage: Die Bernhards-Kampfbahn wurde 1932 mit kirchlicher Weihe (!) eröffnet. Bis in die 1970-er Jahre reichen die veröffentlichten Dokumente aus der Vereinshistorie, die Familie Ilgen beigesteuert hatte: Josef Ilgen (81) engagierte sich viele Jahrzehnte ehrenamtlich bei der DJK Wanheimerort, wo er heute Ehrenmitglied ist.

Oben Kultushafen mit Eisenbahnbrücke, unten Blick von der Wanheimerstraße in die Schmiedestraße, an deren Ende man zur rechten Straßenseite hin die Evanglische Volksschule erkennt.

Oben Kultushafen mit Eisenbahnbrücke, unten Blick von der Wanheimerstraße in die Schmiedestraße, an deren Ende man zur rechten Straßenseite hin die Evanglische Volksschule erkennt.

Für sein zweites Buch über Duisburg-Wanheimerort – „Neue Bilder aus alter Zeit“ – hat sich Joachim Schneider nach neuen Anregungen und mit neuem „Futter“ wieder auf Spurensuche begeben: Familienfotoalben verschiedener alteingesessener Wanheimerorter taten sich auf, das Stadtarchiv und das Archiv von Reinhold Stausberg boten reichlich Material für ein zweites Buch. Auch dieses ist in der Reihe „Archivbilder“ im Erfurter Sutton Verlag erschienen. Die neuen Bilder legen die Schwerpunkte mehr auf ganze „Geschichten“, die auch mehr an Hintergrundinformationen zu den vielen Bildern geben. Teils stammen sie von Unternehmenseignern bzw. deren Familien, teils von langjährigen engagierten Mitgliedern von Vereinen oder Institutionen, die die Historie ihrer Betriebe oder Vereine in Wort und Bild festgehalten hatten und nun hier öffentlich gemacht haben: Wenn Großmutter oder Großvater ihr Fotoalbum öffnen und Geschichten erzählen, werden individuelle Geschichten in der Zeitgeschichte lebendig.

Alteingesessene Unternehmen wie die Didier-Werke

Das Verwaltungsgebäude der Didier-Werke in den frühen 1960-er Jahren. Das Gebäude steht noch, auch wenn das Betriebsgelände still gelegt worden ist.

Das Verwaltungsgebäude der Didier-Werke in den frühen 1960-er Jahren. Das Gebäude steht noch, auch wenn das Betriebsgelände still gelegt worden ist.

Im Jahr 1883 gründeten Scheidhauer & Giessing ihre Fabrikation für feuerfeste Steine an der Düsseldorfer Straße: An einem Standort in der Nähe zum Kunden, der Industrie. Gebraucht werden feuerfeste Steine zum Beispiel zum Ausmauern von Hochöfen zur Roheisenproduktion. Die Scheidhauer & Giessing AG fusionierte 1932 mit der Didier-Werke AG und übernahm den Namen. Zuletzt gehörte das Unternehmen zur RHI AG, die Ende 2013 den Standort in Duisburg endgültig stilllegte. Die Aufnahmen im Buch stammen aus den späten 1940-er bis frühen 1960-er Jahren und zeigen Produktionsstätten und Fabrikation im Werk. Heute steht auf einem Teilbereich des alten Firmengeländes (Ecke Kulturstraße) ein Lidl-Markt, das verbliebene Werk liegt brach und wartet auf eine neuen Nutzung des Areals.
Blick von der Düsseldorfer Straße in die Fischerstraße in den 1960-er Jahren, bevor sie zur Basarstraße umgebaut wurde. Die Sparkasse rechts und die Marienapotheke links gibt es heute noch.

Blick von der Düsseldorfer Straße in die Fischerstraße in den 1960-er Jahren, bevor sie zur Basarstraße umgebaut wurde. Die Sparkasse rechts und die Marienapotheke links gibt es heute noch.

Spannend zu sehen sind nicht nur die eigentlichen Motive der Aufnahmen, sondern auch die Umgebung, die häufig im Hintergrund zu sehen ist. Egal, ob Fotos der Firmengeschichte oder aus dem Vereinsleben: Straßenzüge aus alter Zeit, auf denen kleine Details einen Hinweis darauf geben, wo man diese Orte heute zu suchen hat. Da schaut man sich doch seinen Stadtteil gleich noch ein wenig genauer an, wenn man das nächste Mal „draußen“ unterwegs ist. Da ist nicht nur „erinnern“ gefragt, sondern auch „wieder“ oder „neu“ entdecken. Auch die Unternehmensgeschichten von Reifen Geise, Möbel Dvorak, der Paracelsus-Apotheke bzw. Industrie-Apotheke sowie der Möbelspedition Paul Stockhorst – alles auch heute noch bekannte Namen – bieten neben spannender Firmengeschichte gute Rückblicke in längst vergangene Stadtteilansichten.

Katholische Kirche St. Michael mit dem Wochenmarkt auf dem Michaelplatz, 1957.

Katholische Kirche St. Michael mit dem Wochenmarkt auf dem Michaelplatz, 1957.

Zum Stöbern und erinnern
Der zweite Teil der Wanheimerorter „Archivbilder“ ist etwas textlastiger als der erste, insbesondere bei den Firmen oder Vereinen, die hier den Schwerpunkt bilden. Interessant jedenfalls ist das Buch nicht nur für alte Wanheimerorter oder Ehemalige, sondern auch für Zugezogene, die Spuren der Vergangenheit im heutigen Zustand erkunden wollen. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1900 bis in die 1980-er Jahre. Die Bilder sind zum Teil aus Schneiders eigener Sammlung entnommen, aber auch aus anderen Sammlungen und Familienfotoalben. Reinhold Stausberg mit der vermutlich größten Sammlung von Duisburger Ansichtskarten, historischen Fotos und Devotionalien hat natürlich auch zu diesem Werk über Duisburg beigesteuert. Darüber hinaus sind es vor allem Alteingesessene aus dem Stadtteil, die Bilder und Unterlagen beisteuern konnten: die Familien Ilgen, Geise und Werner zum Beispiel, ebenso wie Heinz Becker, F. Bönsch, Jörg Dixkens, Horst Dvorak, Dr. Christoph Herrmann, Klaus Pfrötschner, H. Sander, Detlef Stauf und das Stadtarchiv Duisburg.

wanheimerort_978-3-95400-120-0Auf 128 Seiten hat Joachim Schneider 180 überwiegend bislang unveröffentlichte historische Ansichtskarten, Fotos und historische Dokumente zusammengestellt, die Wanheimerort und die dort lebenden Menschen von verschiedensten Blickwinkeln im Alltag ihrer Zeit zeigen und Einblicke geben die das Arbeitsleben. Informative Texte vermitteln Bezüge zur Geschichte Wanheimerorts, seiner Firmen und Vereine und zur Zeitgeschichte. Fünf Kapitel erleichtern die Einordnung der Bilder und Informationen: Von den unvermeidlichen „Alten Ansichten“, der Kolpingfamilie Wanheimerort und der Katholischen Kirche über das Vereinsleben – DJK Wanheimerort 1919 e. V., TV Wanheimerort 1880 e. V. und Kleingartenverein „Feldmark“ e. V. – bis hin zu alteingesessenen Unternehmen wie Reifen Geise, Möbel Dvorak, Möbelspedition Paul Stockhorst, Paracelsus-Apotheke / Industrie-Apotheke und den Didier-Werken (RHI) reichen die Geschichten, die Schneider hier reich bebildert nachzeichnet. Das Buch mit Broschur-Einband ist in der Reihe „Archivbilder“ im Erfurter Sutton Verlag Ende 2012 erschienen und kostet 18,95 Euro. Zu beziehen ist es über den lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-95400-120-0).

Sutton Verlag und weitere Publikationen

St. Michael noch ohne den großen Kirchturm. Links die Erlenstraße, rechts die Markusstraße.

St. Michael noch ohne den großen Kirchturm. Links die Erlenstraße, rechts die Markusstraße.

© 2015 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Sutton Verlag, Erfurt

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